Telekom DSL und die Netzneutralität
// 10. 04. 2013
Vor ein paar Tagen machte im Netz die Nachricht die Runde, die Telekom plane, bei Ihren DSL-Flatrates die Datenrate zu drosseln, wenn ein bestimmtes Datenvolumen überschritten sei. Als erste berichtete die mir ansonsten nicht bekannte Seite Fanboys.fm davon, später wurde die Nachricht von bekannten Sites wie Heise.de und Golem.de aufgegriffen.
Kurze Zeit später bestätigte auch die Telekom die Grüchte in ihrem Unternehmensblog. Interessant war vor allem die Argumentation der Telekom:
Aber warum gibt es solche Überlegungen? Wie alle Netzbetreiber steht auch die Telekom vor einer großen Herausforderung: Auf der einen Seite wächst das Datenvolumen exponentiell. Die Netze müssen also massiv ausgebaut werden und das kostet Milliarden. Auf der anderen Seite kennen die Telekommunikationspreise seit Jahren nur eine Richtung: abwärts und das rasant.
Eine Lösung wäre tatsächlich, das in den Tarifen enthaltene Datenvolumen zu begrenzen. Der Vorteil ist, dass nur die Kunden mehr zahlen müssten, die tatsächlich mehr Volumen beanspruchen. Bisher ist es so, dass sämtliche Nutzer die intensivere Nutzung einiger quersubventionieren.
Aha, denkt der Leser — klar, wer mehr will soll mehr zahlen. Wäre da nicht der Haken mit "Entertain", dem Internet-Fernsehen der Telekom, mit dem diese den Kabelnetzbetreibern Konkurrenz macht. HD-Fernsehen über's Netz braucht ca. 4GByte pro Stunde. Bei den anvisierten 75Gbyte Obergrenze ohne Drosselung wären das gerade mal knapp 19 Stunden pro Monat (oder 37,5min pro Tag). Das kann's also nicht sein.
Eine mögliche Lösung für die Telekom ist, die Daten, die Entertain verbraucht aus der Datenmenge für die "normalen" Internetnutzung rauszurechnen. Es wird also zwei "Arten" von Daten geben: Entertain-Daten, die nach wie vor unbegrenzt zu haben sind und die anderer Anbieter, die die Telekom drosseln wird. Da man aber mit EMails und textbasierten Websites schwerlich 75GByte Datenvolumen zusammen bekommt, läuft es darauf hinaus, andere Videodienste auszugrenzen. Youtube zum Bespiel oder den Filme aus dem iTunes-Store.
Und da kommen wir dann zum Kern der Sache, der Netzneutralität. Wie Michael Spehr auf FAZ.net sehr gut ausgeführt hat, geht es der Telekom letzendlich gar nicht darum, durch die Hintertür die Preise für Powersauger zu erhöhen, sondern darum, sich von einem reinen Infrastruktur-Anbieter hin zu einem Medienhaus zu entwickeln. "Apple, ihr wollt Filme zum Download anbieten? Gerne, gegen Zahlung von XXX Euro rechnen wir auch Euren Datenstrom aus dem Inklusivvolumen raus."
Das darf nicht passieren!
Das würde dazu führen, dass jeder, der einen innovativen aber datenintensieren Dienst anbieten wollte, doppelt zahlen müsste. Für die Anbindung seiner Server ans Internet (so, wie es jetz auch schon der Fall ist) und zusätzlich die Betreiber der DSL-Anschlüsse für die Durchleitung zu den Endkunden.
Vielleicht hilft ein Blick auf den Zeitschriftenmarkt, um zu verstehen, worum es hier geht. Zeitschriften werden in Deutschland über Pressegrossisten vertrieben. Wikipedia schreibt dazu unter dem Stichwort Presse-Grosso:
In seinem zugeteilten Gebiet unterliegt der Pressegrossist dem Kontrahierungszwang, das heißt, er hat die Pflicht, nicht nur jede Verkaufsstelle zu beliefern, sondern auch jede auf dem Markt erhältliche Publikation anzubieten und in sein Programm aufzunehmen. Der Einzelhandel hat somit einen Belieferungsanspruch gegenüber dem Pressegrossisten.
Klar, Presse-Grossisten sind Monopolisten (Monopolgrossisten). Aber das System sorgt dafür, dass jeder der meint, er wolle eine Zeitschrift verlegen, sich darauf verlassen kann, dass der Kunde sie auch kaufen kann.
Wäre doch schön, wenn das im Internet auch so bliebe.
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Tags:
- Politik und Gesellschaft
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